Oberösterreich wird zur Modellregion: 3,3 Mio. Euro schwere Förderausschreibung für Kreislaufwirtschaft gestartet

Know-how von Wirtschaft und Wissenschaft bündeln

Die von der Corona-Krise in Mitleidenschaft gezogene Wirtschaft braucht Impulse, um sich möglichst rasch wieder zu erholen. Oberösterreich setzt dabei weiter auf die neue Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030. Im Rahmen dieses Programms werden nun 3,3 Millionen Euro für den Fördercall „Kreislaufwirtschaft“ zur Verfügung gestellt.

Die möglichst komplette Wiederverwendung von Verbraucherabfall bringt die heimische Wirtschaft auf die Überholspur. Zusätzlich werden die europäischen Klima- und Umweltziele erfüllt. Für die Umsetzung ist wichtig, dass Politik, Wirtschaft und Forschung an einem Strang ziehen. „Der Fördercall Kreislaufwirtschaft gibt dem Produktionsstandort Oberösterreich einen gewaltigen Schub“, bekräftigt Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner.

Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Calls: Manfred Hackl (EREMA), Markus Achleitner (Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat OÖ), Henrietta Egerth (FFG). Fotocredit: Land OÖ / Lisa Schaffner

Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Calls: Manfred Hackl (EREMA), Markus Achleitner (Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat OÖ), Henrietta Egerth (FFG)
Fotocredit: Land OÖ / Lisa Schaffner

 

Kreislaufwirtschaft: Am Puls der Zeit und Impuls für die Konjunktur

Markus Achleitner, Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat

Wenige Wochen, nachdem im Frühjahr 2020 die neue Wirtschafts- und Forschungsstrategie #upperVISION2030 gestartet wurde, hat das Coronavirus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft durcheinandergewirbelt. Oberösterreich kann sich den Problemen nicht entziehen, wird aber mit Entschlossenheit, Gestaltungskraft und Mut dagegenhalten. „Die großen Themen digitale Transformation, effiziente & nachhaltige Industrie und Produktion, Systeme & Technologien für den Menschen und vernetzte, effiziente Mobilität sind aktueller denn je“, erklärt Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner. Mit dem Fördercall „Kreislaufwirtschaft“ soll nun ein Prozess eingeleitet werden, der effiziente Nutzung von Rohstoffen, Umweltschutz, Innovation und Produktivität vereint.

Wir befinden uns nach wie vor mitten in der Corona-Pandemie, der zweite Lockdown ab Dienstag bringt jetzt zusätzliche Herausforderungen. Krisen können lähmen. Oberösterreich will sich davon aber nicht anstecken lassen, sondern stellt vielmehr den wirtschaftlichen Routenplaner in Richtung neuer wirtschaftlicher Horizonte. Die Kreislaufwirtschaft ist dabei einer der Schwerpunkte, der mit konkreten Maßnahmen neue Meilensteine bei Forschung und Entwicklung setzt.

„Oberösterreich und die Menschen, die in diesem Land leben, haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie im entscheidenden Moment die Ärmel hochkrempeln. Wenn wir die Zukunft erfolgreich gestalten wollen, dann müssen wir selbst aktiv werden“, betont Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner. „Wir werden alles daran setzen, dass der Wirtschaftsmotor wieder voll anspringt und die Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder Gas geben können“, so Landesrat Achleitner.

Um das Land wieder auf die Überholspur zu bringen, wird die öffentliche Hand in Zukunftsfeldern Investitionen anstoßen. Im Rahmen der Wirtschafts- & Forschungsstrategie #upperVISION2030 des Landes Oberösterreich werden deshalb nun 3,3 Millionen Euro für den Fördercall „Kreislaufwirtschaft“ zur Verfügung gestellt, der gemeinsam mit der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) abgewickelt wird.

Nachhaltigkeit im Fokus

Kreislaufwirtschaft erhält den Wert von Produkten, Materialien und Ressourcen so lange wie möglich und trägt zur starken Verminderung von Müll bei. Mit einem Fokus auf die möglichst komplette Wiederverwendung von Verbraucherabfall, bietet die Kreislaufwirtschaft eine Antwort auf die Einsparung natürlicher Rohstoffe. Die europäischen Klima- und Umweltziele weisen klar in diese Richtung einer neuen Industriepolitik.

„Für uns heißt das: Können wir Kreisläufe schließen, steigt die Rohstoffproduktivität und der Produktionsstandort Oberösterreich wird nachhaltig gestärkt“, bekräftigt Landesrat Achleitner. Der Fördercall soll zusätzlich Anreize für Innovationen schaffen, durch die Stoffe länger im Kreislauf gehalten werden können.

Im Rahmen der Ausschreibung werden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit besonders hohem Innovationsgehalt gezielt angesprochen, insbesondere F&E-Projekte mit erhöhtem Entwicklungsrisiko, die durch planmäßiges Forschen oder kritisches Erforschen zur Gewinnung neuer Erkenntnisse und Fertigkeiten beitragen und letztlich zu neuen nachhaltigen Prozessen und Produkten führen.

Die themenspezifischen Ausschreibungsschwerpunkte bauen auf den bestehenden Stärken der oberösterreichischen Wirtschaft und deren Leitbetriebe auf und unterstützen diese beim Ausbau ihres technologischen Vorsprungs.

  • Schwerpunkt 1: Recycling von bestehenden Materialien und deren Nutzung als Rohstoff.
  • Schwerpunkt 2: Nutzung von Abfall- und Nebenströmen aus Produktion und Verarbeitung.

Effiziente Produktion, intakte Umwelt

Oberösterreich soll 2030 als lebenswerte und nachhaltig agierende Industrieregion wahrgenommen werden. Die verantwortungsvolle Nutzung und Wiederverwendung von Ressourcen ist dabei ein wesentliches Element. Oberösterrreichs Wirtschaft und Industrie sind ein wesentlicher Teil der Lösung für die zukünftigen Herausforderungen. „Es geht um das Halten und den Ausbau des technologischen Vorsprungs der Unternehmen und die Positionierung von OÖ als Region für Responsible Technologies & Management“, unterstreicht Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner.

 

Forschung wirkt – Jetzt mit Innovation aus der Krise kommen

Dr. Henrietta EGERTH, GF Forschungsförderungsgesellschaft FFG

Investitionen in nachhaltige Innovationen bringen den so wichtigen Aufschwung - sowohl im Hinblick auf die Klimaziele, als auch auf die gesamte, durch Corona gebremste Wirtschaft! Entscheidend dabei sind die Nachhaltigkeit und der rasche Transfer von exzellenten FEI-Ergebnissen in marktfähige Innovationen mit kurzer ‚time-to-market‘. Das sichert mittel- und langfristig Arbeitsplätze für die Menschen und bedeutet Aufschwung und Vorsprung für die Unternehmen sowie neue Lösungen für das Klima. Im Umweltschutz und in Green Tech liegt Innovationspotenzial. Das wiederum bringt Chancen für eine moderne Kreislaufwirtschaft.

Green Deal: Wertschöpfung und USP Kreislaufwirtschaft

Was OÖ mit Stolz behaupten kann, ist, dass sich das Who is who der Wirtschafts- und Innovationsszene mit dem Thema Kreislaufwirtschaft nicht nur beschäftigt, sondern daran forscht und marktfähige Innovationen hervorbringt.

Kreislaufwirtschaft im Kontext des Klimawandels ist so aktuell wie nie: In Europa werfen wir jährlich Rohstoffe in Form von Abfall im Wert von fünf Milliarden Euro weg. In Österreich fallen jährlich rund 1,34 Millionen Tonnen nur an Verpackungsabfällen an. Das Innovations- und Marktpotenzial ist enorm. Zwischen 2012 und 2018 sind EU-weit bereits Jobs in Zusammenhang mit Kreislaufwirtschaft um 5% auf 4 Millionen Jobs angewachsen, bis 2030 werden sogar zusätzliche 700.000 Arbeitsplätze in der Branche erwartet. Das sind Jobs in verschiedenen Aufbereitungscentern, Abfallbeauftragte, Laborpersonal zur Qualitätsprüfung, etc.

„Wir müssen gemeinsam diese Chancen aufgreifen und ökonomische und ökologische Aspekte gut in innovativen Projekten zusammenführen, Wettbewerbsvorteile und USP aufbauen und sichern. Die FFG ist dabei ein verlässlicher Partner. Das alles kurbelt die Wirtschaft an. Das haben die Unternehmen und das Land OÖ erkannt“, unterstreicht Mag. Dr. Henriette Egerth, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG):

OÖ Call „Kreislaufwirtschaft“ konkret: Ohne Investition entsteht keine Innovation. Ohne Innovation entsteht keine Investition

Besonders in jenen Branchen, in denen das Kreislaufpotenzial hoch ist, wie etwa in der Kunststoffwirtschaft, Informationstechnologie, Elektronik, Mobilität, Bauwirtschaft, Möbel-, Lebensmittel- und Textilindustrie und vielen mehr kann mithilfe eines ganzheitlichen Ansatzes das Kreislaufprinzip übernommen und durch Forschung und Innovation unterstützt werden.

„In vielen dieser Branchen und Bereiche wurde das Potenzial bisher nicht voll genutzt. Deshalb hat das Land OÖ die Initiative ergriffen und investiert ab sofort über die FFG 3,3 Millionen Euro in die Ausschreibung ‚Kreislaufwirtschaft‘ in zwei Schwerpunkten. Damit sprechen wir Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus OÖ an. Projekte können von 2.11.2020 bis 16.3.2021 bei der FFG eingereicht werden. Förderung ist mehr als Geld, deshalb auch ein Dank an Medien, die durch ihre Berichte zum Thema Nachhaltigkeit die Wirtschaft und Forschungscommunity dazu ermutigen, sich mit dem Thema intensiv zu befassen und nachhaltige Verfahren einzuführen“, erklärt GF Egerth.

 

Oberösterreich als Modellregion für nachhaltige Kunststofflösungen

DI Manfred HACKL, CEO EREMA Group und Beiratssprecher Kunststoff-Cluster

Die Auseinandersetzung mit dem Thema Kunststoff wurde in der Vergangenheit zunehmend emotional geführt. Das ist angesichts der Bilder von mit Kunststoffmüll verunreinigten Landstrichen, Stränden und Ozeanen auch verständlich. Zuletzt hat die Corona-Pandemie den Blick der Konsumenten auch wieder stärker auf die Vorteile und Nutzen von Kunststoff als hygienisches Verpackungsmaterial und in der Medizintechnik gelenkt und bewusst gemacht, welche Bedeutung dieser Werkstoff für unser Leben hat. Lösungen für einen nachhaltigen Umgang damit zu finden, ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit und Kreislaufwirtschaft, also geschlossene Kunststoffkreisläufe, können hier einen ganz wesentlichen Beitrag leisten. Auch für das Erreichen der Klimaziele und der geplanten Reduktion von CO2-Emissionen sind Kunststoffe Teil der Lösung.

Ausgangssituation / Herausforderungen

EU-Vorgaben für Recyclingquoten

  • Ab 2030 sollen alle Kunststoffverpackungen auf dem EU-Markt recyclingfähig sein
  • Kunststoffverpackungen: 50 % bis 2025, 55 % bis 2030. Derzeit werden von den 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen, welche die EU-Bürger produzieren, weniger als 30 Prozent für das Recycling gesammelt.
  • PET Flaschen-Sammelquote: 77% bis 2025, 90 % bis 2019 (dzt. In Ö ca. 75%)
  • Das bedeutet, dass ab 2025 jährlich 10 Mio. Tonnen Regranulat in neuen Produkten eingesetzt werden müssen. Derzeit werden jährlich 3 bis 4 Mio. Tonnen weiterverarbeitet -> umgerechnet auf OÖ: Nutzung von 60.000 Tonnen Rezyklat für neue, in Oberösterreich gefertigte, Produkte.

„Mit dem in OÖ vorhandenen geballten Kunststoff- und Recycling-Know-how hat OÖ das Zeug zur Modellregion für nachhaltige Kunststofflösungen zur werden. Für Europa und auch darüber hinaus“, erklärt DI Manfred HACKL, CEO EREMA Group und Beiratssprecher des Kunststoff-Clusters.
Im internationalen Vergleich verfügt OÖ bereits über eine gut ausgebaute und funktionierende Sammel- und Infrastruktur. Diese ist aber noch ausbaufähig, denn etwa 40 Prozent der in Ö anfallenden Kunststoffabfälle werden derzeit nicht getrennt gesammelt und nur ca. 35 Prozent der Kunststoffverpackungen werden zu Rezyklat verarbeitet. Um diese Anteile zu erhöhen und den Inhalt des Gelben Sackes letztendlich zu 100 Prozent nutzbar zu machen, braucht es Kooperation der Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette. In OÖ gibt es ein starkes Commitment dafür und auch bereits erfolgreich umgesetzte Projekte (z.B. Öli). Der Kunststoffcluster bringt die Akteure zusammen, berät und forciert die Zusammenarbeit. Seit 2017 konnten so bereits 15 oö. Kreislaufwirtschaftsprojekte umgesetzt werden. Mit der Unterstützung auch durch die politischen Entscheidungsträger kann OÖ zur internationalen Modellregion werden. Weitere wichtige Voraussetzungen:

  • Unterstützung, um zu verhindern, dass durch niedrige Rohwarepreise (als Folge des niedrigen Ölpreises) bestehende Recyclinginfrastruktur und Know-how verloren gehen.
  • Forcierung der Forschung und noch intensivere Zusammenarbeit von Wissenschaft, Rohwareherstellern, Verarbeitern, Recyclingunternehmen, Maschinenbauern aber auch Handel und Brands sowie sachliche Aufklärung der Konsumenten, z.B.

„Ziel ist, die Verpackungsabfälle aus dem Gelben Sack zu 100 Prozent nutzbar zu machen. Gelingt das, können in OÖ entwickelte Circular Economy Lösungen zum Exportprodukt für andere Regionen der Welt werden. Wir haben in unserem Bundesland die besten Voraussetzungen, um zur internationalen Modellregion für Sustainable Plastic Solutions zu werden, denn in keiner einzigen Region Europas findet sich die gesamte Wertschöpfungskette der Kunststoffbranche auf so engem Raum abgebildet wie in Oberösterreich“, so DI Hackl.

Den Kunststoffstandort OÖ kennzeichnen:

  • 220 Unternehmen im Kunststoff-Bereich mit über 38.000 Mitarbeitern
  • 11,5 Mrd. € Umsatz (50 % des österreichweiten Umsatzes der Kunststoffbranche)
  • OÖ zeichnet auf Basis der Anteile am gesamteuropäischen Turnover (360 Mrd. €) mit 0,6 % an der europäischen Kunststoffgüterproduktion verantwortlich (ca. 2,15 Mrd. € bzw. 307.000 t)
  • ausgezeichnete Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten an der JKU und FH Wels
  • Forschungseinrichtungen wie K1 Kompetenzzentrum CHASE, TCKT und LIT Factory

„Der Fördercall Kreislaufwirtschaft ist eine wichtige Initiative und Unterstützung, um dieses Know-how zusammenzuführen und Lösungen zu entwickeln von denen sowohl die Wirtschaft als auch die Umwelt profitieren“, betont DI Hackl.