#SuccessStory: Innovation aus einem Guss

Von Wasserhähnen und Waschtisch-Armaturen bis hin zu Motorblöcken für Kfz: Druckguss-Erzeugnisse sind im Alltag häufiger anzutreffen, als man denkt. Im Österreichischen Gießerei-Institut (ÖGI) in Leoben werden moderne Gießverfahren mit wissenschaftlichen Methoden untersucht und laufend optimiert.

Die österreichische Gießerei-Branche ist mittelständisch orientiert. Von den 38 Unternehmen, die am Trägerverein des ÖGI beteiligt sind, sind 4 Großunternehmen, der Rest sind KMUs. Insgesamt erwirtschaftet die heimische Gießerei-Branche mit ca. 7.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 1 Milliarde Euro pro Jahr. Der größte Teil davon wird in der Fahrzeugindustrie umgesetzt, 80 % aller heimischen Metallguss-Erzeugnisse werden exportiert. Österreichische Gussprodukte genießen durch hohe Qualität und Zuverlässigkeit weltweit Wertschätzung, heißt es auf der Website des ÖGI.

Innovation ist die Basis für die hohe Qualität. Das Österreichische Gießerei-Institut stellt seit über 60 Jahren sicher, dass die Herausforderungen der Industrie gut bewältigt werden. „Als außeruniversitäres Forschungsinstitut gehören wir zu den führenden Institutionen unserer Branche in Europa“, sagt Geschäftsführer Gerhard Schindelbacher. So ist das ÖGI an zwei EU-Projekten im Rahmen von „Horizon 2020“ beteiligt, darunter einem, das Leichtbauteile für Elektrofahrzeuge optimiert. Auf nationaler Ebene wickelt das ÖGI zahlreiche Projekte im Rahmen des FFG-Programms „Collective Research“ ab. „Dabei behandeln wir Themen, die die gesamte Branche betreffen“, sagt Gerhard Schindelbacher. Und er fügt hinzu: „Ohne FFG-Förderung wäre der Betrieb des ÖGI nicht denkbar. Wir könnten das nicht finanzieren.“

COMMA optimiert verschiedene Druck- und Verarbeitungsprozesse

Eines der aktuellen FFG-geförderten Forschungsprojekte ist COMMA, ein Akronym für „Classification and Optimization of Materials and Mechanical Properties of Advanced Die Castings“. Das auf 4 Jahre anberaumte F&E-Projekt startete 2019 und beschäftigte sich in den ersten Projektphasen unter anderem mit der Thermowechselbeständigkeit von Kernen aus Stahl bzw. Wolfram. Diese Formen werden heute meist mit additiven Verfahren erzeugt (3D-Druck), und sie werden eingesetzt, um Hohlräume und Auswölbungen im Gussteil zu erzeugen. Der innenliegende Stahlkern wird beim Gießen gekühlt, um eine gleichmäßige Erstarrung und Abkühlung des Gussstückes zu ermöglichen. Im Rahmen von COMMA wurde erstmals ein Prüfstand aufgebaut, der es ermöglicht, die bei der Innenkühlung ablaufenden Prozesse unter realen Bedingungen zu erfassen. „Das Interesse der Industrie, vor allem von Werkstoffen für metallische Dauerformen, ist sehr groß“, berichtet Projektleiter Peter Hofer-Hauser. „Mit dem Prüfstand lassen sich die Kühlprozesse in der Form exakt nachverfolgen, Formschädigungen charakterisieren und in weiteren Folge Werkstoffe optimieren. Damit können Standzeiten der Druckgießformen optimiert werden, und das wiederum ist industrierelevant“, sagt Hofer-Hauser.

Der neue ÖGI-Prüfstand für innengekühlte Gussformen. Foto: ÖGI

Bereits abgeschlossen sind die Projektphasen, die sich mit der Weiterentwicklung einer Aluminium-Silizium-Legierung befassten bzw. mit der Visualisierung der Datenmengen, die in automatisierten Gießerei-Prozessen anfallen. Aktuell in Arbeit ist ein Projektteil von COMMA, der die Auswirkung von Schmierrückständen auf das Schweißen von Druckgussteilen untersucht. Insgesamt sind ca. 20 Firmenpartner an COMMA beteiligt.

Werkstoffe und Bauteile durchleuchten

Ein weiteres laufendes Projekt, das von der FFG gefördert wird, befasst sich mit der Optimierung der Computertomographie-Analyse am ÖGI. Denn eines der Aushängeschilder der Instituts-Labore ist ein Röntgen-Computertomograph, mit dem sich die Qualität von Werkstoffen und Bauteilen zerstörungsfrei überprüfen lässt. Der Computertomograph steht auch den ÖGI-Kooperationspartnern im Forschungsverbund ACR (Austrian Cooperative Research) und der Montanuniversität Leoben (MUL) für Forschungsaktivitäten zur Verfügung. Mit der MUL pflegt das ÖGI eine enge Kooperation: „Der jeweilige Professor am Gießerei-Lehrstuhl der MUL, das ist aktuell Peter Schumacher, ist auch in der Geschäftsführung des ÖGI; und Rektor und Vizerektor der MUL sitzen im Vorstand des ÖGI-Trägervereins“, sagt Gerhard Schindelbacher. „Studenten der Montanuni machen bei uns praktische Übungen, und wir beschäftigen auch immer wieder Studierende.“

ÖGI-Geschäftsführer Gerhard Schindelbacher (Mitte) und Mitarbeiter in der ÖGI-Prüfhalle. Foto: Helmuth Lunghammer/ÖGI

Gerhard Schindelbacher, der langjährige Leiter des ÖGI, tritt mit Jahresende 2022 in den Ruhestand. Dann übernimmt mit Christa Zengerer erstmals eine Frau die Geschäftsführung des Forschungsinstituts mit seinen 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Forschungsthemen werden dem ÖGI auch in Zukunft nicht ausgehen – von der Leichtbauweise für die Elektromobilität über CO2-Einsparungen bis hin zur Ressourcenschonung. Wobei die Gießerei-Branche in Sachen Kreislaufwirtschaft bereits jetzt vorbildlich agiert, denn Gussteile können allesamt recycelt werden: „Wenn sie einen PKW hernehmen, dann können sie alle Gussteilen vom Motor- und Karosseriebereich bis zu den Aluminiumfelgen wiederverwerten und mit geringem Energieaufwand mit der gleichen Qualität wiederherstellen“, sagt Gerhard Schindelbacher.

Kontakt zum ÖGI

Verein für praktische Gießereiforschung
Österreichisches Gießerei-Institut
Parkstraße 21
8700 Leoben
Tel.: +43 3842 431010
E-Mail:
office@ogi.at
www.ogi.at