Starre Hierarchien und automatisierte Produktion behindern eine produktive Interaktion von Mensch und Künstlicher Intelligenz. Das europäische Forschungsprojekt FAIRWork, koordiniert vom Wiener IT-Unternehmen BOC, entwickelt eine dezentrale Plattform, die das Wissen aller Akteur:innen in der Produktion, ob Mensch oder Roboter, in „demokratische“ Entscheidungsprozesse industrieller Produktion einbindet und diese damit optimiert.
Der Kontext
Künstliche Intelligenz (KI) ist die Schlüsseltechnologie für die Industrie der Zukunft. Unternehmensprozesse und Geschäftsmodelle können durch sie grundlegend verändert und verbessert werden. Der Ausschöpfung ihrer Effizienzpotenziale stehen aber hierarchische Strukturen und automatisierte Produktionsprozesse entgegen. Sie behindern eine produktive Interaktion von Mensch und KI. Das europäische Forschungsprojekt FAIRWork will durch die Kombination von menschlichem und maschinellem Wissen als "hybrider KI“ die Entscheidungsfindung in komplexen Produktionsprozessen "demokratisieren“. Ein dezentrales, KI-gestütztes Entscheidungsunterstützungssystem bindet alle Akteur:innen, ob Mensch oder Roboter, in Entscheidungen im Produktionsverlauf ein und führt damit zu optimierten Ergebnissen.
Das Projekt
FAIRWork führt Mensch, KI, Daten und Roboter zusammen und entwickelt ein dezentrales Entscheidungsunterstützungssystem, das durch die Teilnahme aller beteiligten Akteure die Entscheidungsfindung in Produktionsprozessen "demokratisiert“. Die Basis dafür ist das "Demokratische KI-gestützte Entscheidungsunterstützungssystem“ (DAI-DSS). Dieses findet mittels mehrerer KI-Algorithmen alternative Entscheidungen für eine konkrete Situation.
Jede:r – menschliche oder technische – Akteur:in wird durch einen sogenannten Software-Agenten repräsentiert. Dieser kann auf Basis der aktuellen Situation um die adäquate Lösung verhandeln. KI-Algorithmen können dabei für jeden einzelnen Akteur modellierte Strategien aus einer gemeinsamen Wissensbasis berücksichtigen. Somit kann das flexible und dezentrale System durch bestimmte zentrale Vorgaben beeinflusst werden.
Aufgrund der Anforderungen aller beteiligten Akteure findet ein Algorithmus zur Mehrfachoptimierung den geeigneten Lösungsvorschlag.
Die Projektarbeit umfasst folgende Komponenten:
- Der Start ist die Entwicklung von Entscheidungsmodellen, die eine Bewertung ermöglichen, ob Entscheidungsstrategien „angemessen und fair“ sind.
- Die Entscheidungsfindung wird dezentralisiert, indem jeder beteiligte Akteur als Agent repräsentiert und mittels Modellen konfiguriert wird.
- Die Optimierung des Produktionsprozesses wird über den Fokus auf Kosten und Zeit hinaus erweitert. Es werden auch zusätzliche betriebliche Parameter wie soziale Kohäsion oder Energieverbrauch in die Entscheidungsfindung eingeführt.
- Die Realisierung des dezentralen Entscheidungsunterstützungssystems wird durch einen sozialen Prozess begleitet. Dabei werden Konzepte entwickelt, die den beteiligten Menschen Vertrauen in die Entscheidungsprozesse und deren Ergebnisse vermitteln, unabhängig davon, ob sie von Menschen, Künstlicher Intelligenz oder in hybriden Konstellationen entwickelt wurden.
Die Kombination von menschlichem und maschinellem Wissen kann die Entscheidungen zur Optimierung und Flexibilisierung etwa von Durchlaufzeiten, von Mensch-KI-Zusammenarbeit, dem Design von digitalen Zwillingen oder effizienter Datenverarbeitung wesentlich unterstützen. Darin liegt ein großes Nutzungspotential des dezentralen KI-Ansatzes für die europäische Industrie.
Das Konsortium
Im FAIRWork-Konsortium arbeiten unter Koordination der BOC Products & Services AG neun Partner:innen aus Österreich, Deutschland, Italien, Norwegen, Rumänien und Portugal zusammen.
Die Partner:innen:
Die Rolle der österreichischen Partner
BOC ist Koordinator und trägt als Technologieanbieter mit den um KI erweiterten Modellierungswerkzeugen ADONIS, ADOIT und ADOGRCzur Wissensabbildung, sowie mit dem Microservice-Framework OLIVE zur Entwicklung des DAI-DSS bei.
Joanneum Research trägt zur digitalen Repräsentation von Akteuren durch Human-Sensor Daten sowie durch Optimierungsalgorithmen und KI-Werkzeuge bei. Flextronics verwendet das DAI-DSS zur Entscheidungsunterstützung und testet es auf dessen Industrietauglichkeit.
Der Mehrwert eines EU-Projekts
„Es ist nicht nur wichtig, im globalen Wettbewerb durch Innovationen Schritt zu halten, sondern auch, dass die Entwicklung neuer Technologien und deren Umsetzung auf breiter europäischer Basis durchgeführt wird, um eine europäische Technologiesouveränität zu erreichen“, erklärt Projektkoordinator Robert Woitsch: „Das wird durch EU-Projekte und die Zusammenarbeit europäischer Partner, beginnend mit Prototypen bis hin zur Einführung im Unternehmen, in einem Ausmaß unterstützt, welches ansonsten nicht in diesem Umfang möglich wäre.“