Veranstaltungsbericht zum 5. Laura Bassi 4.0 Netzwerkforum am 7. Oktober 2022 - „Digitalisierung und Chancengerechtigkeit“
Themenfokus: Wie schaffen wir digitale Inklusion und Partizipation?
Beim 5. Netzwerkforum am 7. Oktober gaben Sonja Kopic und Kristina Grandits (Programm-Managerinnen des Laura Bassi 4.0 Programms in der FFG) einleitend eine kurze Einführung in die Aktivitäten des Förderprogramms Laura Bassi 4.0 und des begleitenden Netzwerks. Nach zwei erfolgreichen Ausschreibungen gibt es mittlerweile sieben geförderten Projekten und sechs Arbeitsgruppen, die beim 4. Netzwerkforum im Sommer die Möglichkeit hatten, sich offline vorzustellen. Auch beim 5. Laura Bassi 4.0 Netzwerkforum gab es wieder die Gelegenheit, mehr über die Projekte und Arbeitsgruppen zu erfahren. Beim 5. Netzwerkforum wurde ein Bogen von der Frage, was soziale Inklusion und Digitalisierung mit Gerechtigkeit zu tun hat, bis hin zu strategischen Überlegungen, wie mehr digitale Inklusion ermöglicht werden kann, gespannt. Was können wir gemeinsam sowie jede Person in ihrem Wirkungsbereich zur digitalen Inklusion beitragen? Was ist nötig, um bestehende Angebotslücken zu schließen?
Keynote: „Gerechtigkeit und Digitalisierung – (k)ein Widerspruch“ - Wie kann Digitalisierung so gestaltet werden, dass möglichst viele Menschen von ihr profitieren?
Elisabeth Günther (Universität Wien)
Die Soziologin Elisabeth Günther diskutierte in ihrer Keynote die Frage, wie Digitalisierung so gestaltet werden kann, dass möglichst viele Menschen davon profitieren. Elisabeth Günther stellte die Digitalisierung als soziologisches Konstrukt vor, wonach diese eine soziale Praxis, bestehend aus Handlungen, Äußerungen und Beziehungen, ist, welche durch Normen, Regeln, Teleologie und Gefühle bestimmt sind. Soziale Ungleichheiten sowie Privilegien werden so (re-)produziert. Elisabeth Günther behandelte die drei Ebenen der digitalen Kluft: den Zugang, die Nutzung und die Auswirkungen. Um gerechte Digitalisierung zu erreichen, müssen diese Ebenen jeweils gegeben sein. Zudem braucht es die Integration marginalisierter Gruppen in die Digitalisierung. Elisabeth Günthers Zugang zu sozialer Gerechtigkeit ist gleichberechtigter Zugang und Anerkennung zu/von Arbeit sowie die Schaffung des Zugehörigkeitsgefühls. Es benötigt hier Aktivitäten auf drei unterschiedlichen Ebenen: der Organisations-, Team- sowie Praxisebene.
Ergebnispräsentation: „Digitale Inklusion und Partizipation" - Ergebnisse einer Erhebung im Rahmen des Laura Bassi Netzwerkes 4.0
Nadja Bergmann (Leitung L&R Sozialforschung), Brigitte Krenn, Austrian Research Institute for Artificial Intelligence (OFAI), und Philipp Maier, Volkshilfe Wien
Die Ergebnisse der Erhebung der Arbeitsgruppe "Digitale Inklusion und Partizipation" präsentierten Nadja Bergmann, Brigitte Krenn und Philipp Maier. Die Arbeitsgruppe befasst sich mit digitaler Inklusion und der Frage, wie Digitalisierung besser an Menschen und deren Bedürfnissen ausgerichtet werden kann - vor allem an jenen Menschen, die bislang wenig bis gar keinen Zugang zu digitalen Tools oder Kompetenzen hatten. Konzipiert wurde die Onlinebefragung auf Basis von Literatur sowie den Hintergründen der Mitglieder der Arbeitsgruppe. Die Befragung wurde an die Mitglieder des Laura Bassi 4.0 Netzwerkes sowie weiterer Netzwerke ausgesendet. Die Teilnahme war von Mai bis August 2022 möglich, wobei es 72 Teilnehmende gab. Davon waren etwa 40 Personen im Bereich der Beratung tätig. Die wichtigste Personengruppe, mit welcher sie gearbeitet hatten, war jene Gruppe in prekären Lebenssituationen, die keinen Zugang zu digitalen Tools und/oder Kompetenzen haben. Die vier Hauptgründe, wieso digitale Teilhabe verhindert wird, sind fehlende finanzielle Ressourcen, keine Zeit, fehlende Interessen und Zutrauen sowie fehlende Unterstützung von außen.
Wir gehen in die Tiefe: Parallele Workshops
Im Anschluss an die Präsentationen wurden fünf Workshops vorgestellt. Alle Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, an jeweils einem Workshop teilzunehmen und noch tiefer in das Thema einzutauchen.
Pflegende Angehörige (Laura Bassi 4.0 Forschungsprojekt): Nicole Traxler, Michaela Greifendeder (Two Next Inclusion – Verein zur Förderung von sozialer, digitaler und finanzieller Inklusion)
Das Innovationsnetzwerk zur Entlastung pflegender Angehöriger (INEPA) schafft nachhaltige digitale Unterstützungsangebote, die langfristig zur Entlastung pflegender Angehöriger beitragen. Durch die Zusammenarbeit von pflegenden Angehörigen, Forschenden und Projektmitarbeitenden sowie das Wissen aus der Pflegepraxis werden die vorhandenen Kompetenzen erfasst und die gemeinsame Entwicklung innovativer Lösungen vorangetrieben. Im Zuge des Workshops hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, mehr über das Projekt und den aktuellen Status bzw. Projektstand zu lernen. Es gab Feedback-Sessions zu dem Podcast – welcher eine Mini-Auszeit für Eltern mit Pflegeverantwortung sein soll – sowie der App – die Lebenswelten von neurodivergenten Menschen und deren Umfeld erleichtern soll –, welche derzeit konzipiert werden.
Sozialroutenplan (Laura Bassi 4.0 Forschungsprojekt): Andreas Exenberger (Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte der Universität Innsbruck)
Der Zugang zu sozialen Unterstützungsleistungen ist durch zahlreiche Hürden geprägt. Das erhöht für die Betroffenen die Gefahr der Mangelversorgung. Um dem zu begegnen, wird für die drei Bundesländer Tirol, Salzburg und Vorarlberg das in den Städten Innsbruck und Salzburg etablierte Instrument des gedruckten Sozialroutenplans auf neue, digitale Beine gestellt. Die betroffenen Menschen werden eng in den Entstehungsprozess eingebunden. Nachdem das Projekt vorgestellt wurde, wurde auch hier Feedback eingeholt. Dieser Workshop wurde mit dem Workshop der pflegenden Angehörigen zusammengelegt und die Vortragenden teilten sich die Zeit der Vorträge.
Digitale Inklusion und Partizipation: Nadja Bergmann (L&R Sozialforschung), Brigitte Krenn (OFAI), Philipp Maier (Volkshilfe Wien)
Die Laura Bassi 4.0 Arbeitsgruppe befasst sich mit digitaler Inklusion und damit, wie die Digitalisierung besser an Menschen und deren Bedürfnissen ausgerichtet werden kann - vor allem an jenen Menschen, die bislang wenig bis gar keinen Zugang zu digitalen Tools oder Kompetenzen gefunden haben. Nachdem die Ergebnisse der Onlinebefragung zuvor präsentiert wurden, startete der Workshop mit einer Diskussion der Erhebungsergebnisse. Die neue Erhebung von Susanne Spiel, „Digitaler Ausschluss“, wurde ebenfalls diskutiert.
Nowa: Valentina Pettinger, MA (nowa)
nowa ist ein überparteilicher und gemeinnütziger Regionalverein, dem die Stadt Graz und Gemeinden des Bezirks Graz-Umgebung angehören. nowa engagiert sich für die Gleichstellung am Arbeitsmarkt, in der Bildung, in der Wirtschaft und in der Regionalentwicklung. Während des Workshops wurden negative und herausfordernde sowie positive Erlebnisse in Zusammenhang mit Digitalisierung diskutiert. Außerdem wurden Coping-Strategien entwickelt.
Digital Spaces: Patricia Renner (FH St. Pölten)
Digitale Möglichkeitsräume zum Erwerb beruflicher Kompetenzen von, mit und für Lehrlinge. Digitale Lernformate bedürfen spezieller didaktischer Konzepte, um die Vermittlung von Kompetenzen auf einem hohen Niveau garantieren zu können. Es zeigt sich jedoch, dass nur wenig digitale Formate den Ansprüchen genügen und auf die Erfordernisse verschiedener Zielgruppen zugeschnitten sind. Gemeinsam mit Lehrlingen und Lehrpersonal werden passgenaue, berufsrelevante, digitale Schulungsinhalte entwickelt. Mit diesen neuen digitalen Lernformaten werden zudem Qualifikationen, Kompetenzen und Fertigkeiten vermittelt, die das formale Ausbildungsspektrum kaum abdeckt. Das junge Forschungsprojekt der FH St. Pölten wurde vorgestellt und diskutiert.
Resümee der Workshops
Anschließend an die Workshops wurde gemeinsam erarbeitet, was aus den Workshops bzw. dem Tag mitgenommen wird.
- Exklusion passiert auch in der Digitalisierung.
- Die Neugierde der Kinder muss gefördert werden.
- Sowohl die Jungen und als auch die Älteren brauchen in einer Form Unterstützung bei der Digitalisierung.
- Wie schaffe ich Orte, an denen Hilfe angeboten wird und Hilfesuchende das Vertrauen aufbringen, tatsächlich teilzunehmen?
Zusammenführung der Ergebnisse
Anschließend wurden die Ergebnisse der Workshops zusammengeführt und Fragen wie „Welche Angebotslücken haben Sie diskutiert? Welche Angebotslücken sehen Sie und was braucht es, um diese zu schließen? Wie könnten wir die Bedarfe strategisch einbetten?“ von der Moderatorin, Ruth Picker, gestellt. Hierbei gab es einen Blick nach vorne, um zu identifizieren, was erforderlich ist, um den Status Quo zu ändern.
Die Teilnehmenden hatten abschließend die Möglichkeit, Ideen für neue Arbeitsgruppen zu teilen. Eine Idee für eine Arbeitsgruppe entstand zu dem Thema „Bewusstseinsbildung bei Entscheidungsträger:innen“, wofür sich vier Interessent:innen gemeldet haben. Sollten Sie Interesse haben, in der Arbeitsgruppe mitzuarbeiten, schreiben Sie bitte ein E-Mail an: beatrix.hausner@oegut.at
Die bereits bestehenden Arbeitsgruppen des Netzwerks Laura Bassi 4.0 - Digitalisierung und Chancengerechtigkeit befassen sich mit unterschiedlichen Aspekten der chancengerechten Gestaltung von Digitalisierung und entwickeln Strategien zur Verbesserung der Chancengleichheit und Inklusion. Wenn Sie Interesse haben, bei einer der Arbeitsgruppen mitzuarbeiten, melden Sie sich bitte direkt bei den Leitenden.
Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden für das erfolgreiche 5. Laura Bassi 4.0 Netzwerkforum. Wir freuen uns, Ihnen bereits das nächste Event im Rahmen des Netzwerkes ankündigen zu dürfen:
Das 6. Laura Bassi 4.0 Netzwerktreffen wird am 1. Februar 2023 zum Thema „Projektförderungen und -finanzierungen “ online stattfinden.
Weitere Detailinformationen finden Sie im Veranstaltungsbericht.